Expedition Eiger Nordwand; Rechter Wandteil- neue Routen
Diesen Sommer stand eine weitere Erstbegehung in der Eigernordwand, meiner Lieblingswand, die ich fast so kenne wie meine Westentasche auf dem Programm. Das erste Mal kletterte ich genau vor 38 Jahren auf der Heckmair-Route und bis heute habe ich über 360 Tage, mehr als 30 verschiedene Routen und eine Handvoll Erstbegehungen darin geklettert. Der sehr heiße Sommer erschien aus meiner langjährigen Erfahrung Optimal für den rechten Teil der schattigen Nordwand. Letztes Jahr verzeichnete man aber im zentralen Wandteil und am Tschechenpfeiler außergewöhnlich große Steinschläge, die eher schon in der Größe von Bergstürzen zu beschreiben sind. Die Eigernordwand im Sommer eisfrei, das konnte man sich in der Pionierzeit des Alpinismus vor hundert Jahren kaum vorstellen! Anderl Heckmair zum Beispiel erzählte mir wie sie im Hochsommer mit Steigeisen und Eispickeln 1938 die Erstbegehung der Nordwand schafften. Das wäre Heutzutage glatter Selbstmord! Leider wird in Zukunft durch den Anstieg der Permafrostgrenze und den fortschreitenden Klimawandel das Gebirge immer instabiler. Bergstürze und Felsabbrüche sind keine Seltenheit mehr und bedrohen nicht nur Bergsteiger, sondern die Zivilisation! Diesen Naturgewalten fiel bereits die berühmte Piola Ghilini Direttissima in der Eigernordwand zum Opfer, aber die Globalen Auswirkungen sind noch viel gravierender und sollten uns alle wachrütteln und zum handeln bewegen!
Der äußerst rechte Wandteil blieb mit seinem weitgehend kompakten Kalkstein bisher von größeren Felsstürzen verschont und so entstand hier, in der bis zu 400 Meter hohen Wand, nacheinander ein ganzer neuer Sektor mit neuen anspruchsvollen alpinen Felsrouten. Diese Routen sind für alpin erfahrene Kletterer, die den jeweiligen Schwierigkeitsrad und den Umgang mit mobilen Sicherungsmitteln sicher beherrschen, zu empfehlen. Die alpinen Gefahren und das Wettergeschehen sollten immer beachtet werden, da gerade hier am Eiger Gewitter schnell hereinziehen und erst spät erkannt werden!
Die alte Löcherspiel- Route 6b+/c aus dem Jahre 1988 von Daniel Anker und Michael Gruber wurde saniert und entschärft und ist mittlerweile ein oft gekletterter Klassiker. Ratatat 7a (Jonas Allemann und Dominik Osswald, 2017), ist mit Bohrhaken und mit ein paar Friends zur Ergänzung recht „wiederholerfreundlich“ abgesichert. Weiter Rechts an der Begrenzung der Wand entdecken meine Frau Daniela und ich eine leichter aussehende Linie die in erstaunlich gutem Fels zum Westgrat hinauf zieht. Es entstand die Nordwestpassage, 6b/c. Wir empfehlen einen Satz Cams zur zusätzlichen Absicherung, diese Route ist aber wahrscheinlich die leichteste und daher für Eiger-Einsteiger zu empfehlen!
Letztes Jahr gelang mir mit der Rope- Solo Erstbegehung von “ Black Spider“ 7a/b,10 Seil- längen die ich persönlich als die schönste Route im ganzen Sektor empfinde, da sie von der Schwierigkeit her sehr homogen ist und in bestem löchrig grauem Felsen verläuft. Die Absicherung muss allerdings mit Klemmgeräten ergänzt werden, was zur Würze beiträgt! Die diesjährige Erstbegehung von „Black eye“ 7a/b, 10 Seillängen, ist eine weitere, sehr lohnende Neutour. Bei unseren Touren trifft man auf eine Mischung aus Trad, mit Schlaghaken, z.T. auch Bohrhaken und es muss am Besten mit mobilen Totem-Cams und ein paar Klemmkeilen zusätzlich abgesichert werden, was unserer Meinung nach das alpine Abenteuer ausmacht! Durch den diesjährige frühen Wintereinbruch blieb diese Route im Projektstatus da Daniela und ich sie nicht mehr stilrein Rotpunkt durchgestiegen sind, was wir für den nächsten Sommer fest auf dem Programm haben.